Palfinger

FERNMISSION MIT PALFINGER SMART EYE? CHALLENGE ACCEPTED!

Was macht man eigentlich, wenn Kunden von einem Tag auf den anderen nicht mehr persönlich an einer Werksabnahme (engl. einen Factory Acceptance Test FAT) teilnehmen können? Ein so essentieller Schritt für die Abwicklung von Projekten ist schwer zu ersetzen. Eine Frage, die man sich vor der Corona-Pandemie nicht zu stellen gewagt hätte. Die Antwort wurde letztlich intern gefunden, in einer Remote-Lösung, die innerhalb der PALFINGER Gruppe bereits vor der Krise gut etabliert war und in den letzten Monaten zunehmend an Bedeutung gewonnen hat: das PALFINGER Smart Eye. Iavor Markov, Contract & Tender Manager Marine & Wind Cranes bei PALFINGER, und seine Kollegen adaptierten diese innovative Technologie kurzerhand für Remote-FATs.

Wir haben uns mit Iavor zusammengesetzt, um diese neue Art der FAT-Durchführung in seinem speziellen Fachgebiet bei PALFINGER zu besprechen. Wir wollten wissen, welche Vorteile und Herausforderungen sie mit sich bringt, wie die Kunden darauf reagieren und was die Zukunft wohl bringt.

 

Iavor, blicken wir vorerst zurück. Wie war der Status quo in Bezug auf FATs in deinem Verantwortungsbereich vor der Pandemie?

Im Offshore-Windgeschäft werden Krane vor der finalen Abnahme den Kunden oder Dritten, wie zum Beispiel Gutachtern, präsentiert. Das ist der Hauptzweck des sogenannten FAT, der in der Regel an unserem PALFINGER Produktionsstandort in Maribor, Slowenien, stattfindet. Während dieser Tests machen sich die Kunden mit dem jeweiligen Kran vertraut. Sie haben die Möglichkeit die Qualität, Funktionalität und Bedienbarkeit zu beurteilen. Darüber hinaus sind die FATs eine hervorragende Gelegenheit, den Kunden Kranfunktionen vorzustellen, die ihnen vielleicht noch gar nicht bewusst sind. Bei diesen Tests handelt es sich um hochkomplexe, kritische Vorgänge, an denen meist Menschen aus der ganzen Welt beteiligt sind.


Mit welchen Herausforderungen sehen sich die Kunden konfrontiert?

Lockdowns, geschlossene Grenzen und Reisebeschränkungen aufgrund der Coronavirus-Pandemie haben es unmöglich gemacht, Face-to-Face-FATs in Maribor zu vereinbaren. Wir mussten uns die Frage stellen, wie wir trotzdem mit den Tests fortfahren können. Schließlich gilt es, bei großen – und sehr teuren – Aufträgen, wie in unserem Fall bei Offshore-Windpark-Projekten, monatelange Verzögerungen zu vermeiden.

Welche Lösung habt ihr letztlich gefunden?

Einige Service-Kollegen in den Niederlanden empfahlen uns eine effiziente interne Lösung zur Durchführung von Remote-FATs: das PALFINGER Smart Eye. Dieses mobile Remote-Gerät in Form eines Helms, ausgestattet mit einer flexiblen, beweglichen Kamera, bietet hervorragende Tonqualität, und ist damit optimal für wechselseitige Kommunikation geeignet. Es löst gleich mehrere Probleme auf einen Schlag. Der Projektleiter, der das Gerät trägt, filmt alle Arbeitsschritte und ermöglicht Kunden so, den Prozess auf einem Bildschirm zu verfolgen. Bei Fragen können gezielt einzelne Abschnitte vergrößert werden. Außerdem ist die Übertragungsqualität deutlich höher, da man nicht mehr stundenlang auf Smartphones oder via fest installierten Kameras kommunizieren muss. Das garantiert eine effiziente Kommunikation mit weniger Unterbrechungen. Der Projektleiter kann für Kunden Bilder von bestimmten Details erfassen, während Kunden Abschnitte von besonderem Interesse hervorheben können. Nicht zuletzt ermöglicht der Einsatz des PALFINGER Smart Eye die Teilnahme von mehr Personen als üblich an den FATs. Tatsächlich liegt mein persönlicher Teilnehmerrekord für ein Remote-FAT bei fast 20 Personen. Normalerweise nehmen nur ein bis fünf Personen auf Kundenseite an der Face-to-Face-Abnahme teil.


Welche Vorteile bringt das PALFINGER Smart Eye sowohl für Kunden als auch für PALFINGER?

Der Hauptnutzen der FATs besteht darin, Fragen zu beantworten und Probleme an Ort und Stelle zu lösen. Während dies bereits bei den Face-to-Face-FATs ein wichtiger Aspekt war, werden bei den Remote-Tests nun mehr Personen mit sehr unterschiedlichen Blickwinkeln einbezogen. Das hat zur Folge, dass im Vorfeld mehr Fragen gestellt und beantwortet werden können. Dadurch können wir ein breiteres Spektrum an Kundenwünschen während des Prozesses berücksichtigen. Qualitätsprobleme und Kundenwünsche können bereits vorab erfasst und bearbeitet werden, ohne dass zusätzliche Tests und Messungen erforderlich sind. Das spart letztlich Zeit und Geld, sowohl für Kunden als auch für PALFINGER. Ein weiterer, gerade im aktuellen Umfeld nicht zu unterschätzender Vorteil ist, dass Remote-FATs den Reiseaufwand deutlich reduzieren.


Welche Herausforderungen entstehen beim Einsatz der Smart Eye Lösung?

Eine Herausforderung besteht darin, dass sich die Durchführung von FATs über das PALFINGER Smart Eye komplett anders anfühlt, da das Publikum den Prozess den ganzen Tag über nur am Bildschirm verfolgt. Man muss einen geeigneten Weg finden mit den Zuschauern zu interagieren und dabei gleichzeitig fokussiert und zielgerichtet zu bleiben. Es gibt jedoch ein wesentliches Element, das auch interaktive Technologien wie das PALFINGER Smart Eye nicht ersetzen können: die menschliche Komponente. Bei Kaffeepausen oder Geschäftsessen haben wir für gewöhnlich die Möglichkeit, Kunden in einem informelleren Rahmen kennenzulernen. Die Corona-Pandemie hat uns dieses Vergnügen vorerst genommen. Ein persönliches, vertrauensvolles Verhältnis ist nach wie vor unerlässlich, vor allem bei einem Projekt mit hohem Auftragsvolumen.


Du bist Experte auf diesem speziellen Gebiet. Was bringt die Zukunft?

Persönlich glaube ich, dass eine Hybridlösung sowohl für die Kunden als auch für PALFINGER am effizientesten wäre. Sie würde das Beste aus beiden Welten vereinen, indem sie es einigen Leuten ermöglicht, den FAT vor Ort zu verfolgen, während dieser gleichzeitig aus der Ferne für ein breiteres Publikum verfügbar ist.

Wie war das Feedback der Kunden bisher?

Wie bei allen neuen Technologien waren die Kunden anfangs ein wenig skeptisch. Diese Skepsis schlug jedoch bald in Begeisterung und Enthusiasmus um. Das Feedback zum Remote-FAT selbst, aber auch zur damit verbundenen Kundennähe, war durchwegs positiv. Die Kunden waren vor allem von der Qualität und Professionalität der Lösung begeistert, was darauf hindeutet, dass wir einer der wenigen Anbieter sein könnten, die eine solche Option überhaupt im Angebot haben. Tatsächlich fragen Kunden bereits an, ob sie die Technologie von PALFINGER kaufen könnten. Das ist das größte Kompliment, das man bekommen kann.


Das klingt großartig. Kannst du uns ein spezifisches Beispiel nennen?

Erst kürzlich haben wir zwei Kabeldeckkrane für den Offshore-Windpark Greater Changhua in Taiwan übergeben. Der Kunde konnte aufgrund von Restriktionen nicht reisen, also haben wir das PALFINGER Smart Eye wie zuvor beschrieben eingesetzt. Wir waren in Maribor, die Vertreter des Kunden saßen in Singapur und Dänemark. Ich selbst trug das Gerät, während zwei Kollegen den FAT durchführten. Alles verlief reibungslos und der Kunde bestätigte das äußerst positive Feedback, das wir von anderen Kunden erhalten haben.

Seit dem ersten Lockdown war ich persönlich an 16 Remote-FATs beteiligt, an denen insgesamt etwa 150 Personen aus 12 Ländern teilgenommen haben. In vielen Fällen waren die Ferntests ausschlaggebend für die Zulassung unzähliger weiterer Krane. Ich bin sehr stolz auf unseren innovativen FAT-Ansatz unter Einbeziehung des PALFINGER Smart Eye. Es zeigt einmal mehr, dass wir viele kreative Köpfe in unserem Unternehmen haben, die sowohl uns als auch unsere Kunden immer wieder mit ausgefeilten Konzepten, Ideen und Lösungen beeindrucken – gerade bei solchen Herausforderungen, und erst recht in schwierigen Zeiten wie diesen. Challenge Accepted quasi! Wie dem auch sei, ich freue mich trotzdem sehr darauf unsere Kunden wieder persönlich zu treffen – hoffentlich eher früher als später.